Nikolaus Hatzfeld, Geschäftsführer und Inhaber des Hatzfeldtschen Forstunternehmens mit 48 Mitarbeitern am Standort Wissen/Altenkirchen. Ein weiteres Unternehmensteil befindet sich im Brandenburgischen Massow. Im Gespräch mit Ulli Gondorf berichtet er von der dramatischen Lage im Wald und was er von Ulli Gondorfs Wald-Wind-Pakt 2050 hält.
Er bewohnt mit seiner Frau und drei Kindern das Schloss Schönstein, in dem auch die Verwaltung des Unternehmens untergebracht ist. „Nur durch eine sinnvolle Nutzung und Bewirtschaftung dieser historischen Anlage ist es möglich sie zu erhalten und weiter zu entwickeln“, erwähnt Nikolaus Hatzfeld im Gespräch. Gleichzeitig werden weitere historische Immobilien wie das Schloss Crottdorf erhalten und Betriebsteile wie der brandenburgische Forstbetrieb, die Tourismusbetriebe in Mittelhof und die „Speise-Kammer“ mit Wildspezialitäten aus dem eigenen Forst gemanaged.
Weg vom Kahlschlag, hin zur Vielschichtigkeit
Ulli Gondorf, selber Mitglied einer „Wald-Interessenten-Gemeinschaft“ und familiärer Kleinwaldbesitzer von 11 Hektar Wald, wollte im Gespräch erfahren, wo „der Schuh drückt“ bei einem mittleren privaten Forst-Unternehmen. „Vom Standort Wissen aus werden etwa 1.500 ha Mischwald in der Region Westerwald/ Oberbergisches Land bewirtschaftet. Die Reviere in Schönstein werden seit über 20 Jahren konsequent auf eine naturgemäße Waldwirtschaft umgestellt.“ Aus der fichtendominierten Kahlschlagswirtschaft kommend, entwickeln die Hatzfelder nun gemischte und strukturreiche Wälder. Der Fichtenbestand wurde reduziert und betrug 2019 nur noch 48,3 %. Durch ein breites Baumartenspektrum, der Ausnutzung der vorhanden Standortmöglichkeiten und einer großräumigen Vielschichtigkeit sollte das Ökosystem aufgewertet und weniger krisenanfällig entwickelt werden.
Preisverfall und ökologisch fragwürdige Exporte
Nikolaus Hatzfeld wies auf die Folgen des Klimawandels für den Westerwald hin: „Nach den Stürmen seit 1990 (Wiebke, Lothar und Kyrill) wurden Fichten-Monokulturen für uns zum Auslaufmodell; die Forstunternehmen waren zwar getroffen, aber wir konnten uns erholen, weil regional und zeitlich begrenzte Flächen betroffen waren. Die Trockenheit der letzten Jahre ist indes außergewöhnlich und es sieht alles danach aus, als ob dies die Seite des Klimawandels sein könnte, die wir im Westerwald zu tragen haben!“ Nun ist der katastrophale Befall mit den diversen Borkenkäfer-Arten die Folge. Das führte bereits zu einem nie dagewesenen Preisverfall auf dem Holzmarkt und ökologisch fragwürdigen Exporten von Holz nach China.
Zusammenschluss soll auch kleineren Waldbesitzern helfen
Doch der Borkenkäfer ist noch nicht erledigt und der restliche Wald nicht sicher. So sind alle Forstleute zurzeit sehr wachsam und bereit, sofort tätig zu werden. „Sobald wir befallene Bäume identifiziert haben, versuchen wir sie so schnell es geht zu schlagen und mindestens 500 m aus dem Wald schaffen - nur so können wir den Käfer stoppen- ein Wettrennen!“ gesteht der erfahrene Wald-Chef ein und führt aus: „Und dabei haben wir noch eigene Maschinen und erfahrene Leute - die vielen Kleinwaldbesitzer haben ja gar keine Chance, dasselbe auf Ihren Flächen zu tun!“
Diese Gefahrenabwehr ist für den restlichen Bestand sehr jedoch wichtig, daher wies der Unternehmer auf die etwa 50.00 ha Klein-Privatwald hin, die auch heute gar nicht bewirtschaftet seien. „Das ist für schnelle Maßnahmen ein Hindernis, erst mal müssen die Eigentümer ermittelt werden.“ Ulli Gondorf nahm das zum Anlass, sich nach der Landtagswahl an diese Kleinstwaldbesitzer zu wenden und sie zu einer ökologischen Wald-Genossenschaft einzuladen, um gemeinsam solche Aufgaben zu stemmen, die Einzelne nicht schaffen können.
Aufforstung nur bedingt möglich
Die Trockenheit verhindert auch derzeit erfolgreiche Aufforstungen. Abgesehen davon, dass die Wissenschaft zurzeit noch keine Empfehlungen zur Sortenwahl gibt, fehlen schlicht die Niederschläge, um die jungen Bäume in der Anwachsphase zu versorgen. „Die Kulturen vertrocknen uns zu 70-90 % - das ist dramatisch!“ weist der Forstfachmann Hatzfeld auf ein völlig neues Thema hin: Regenereignisse so managen, dass nennenswerte Mengen nicht mehr nur oberflächig abfließen sondern zur Bewässerung der Böden aufgehalten, verlangsamt und versickert werden müssen.
Wald-Wind-Pakt 2050 – eine Lösung für alle
Ulli Gondorf hat mit seinem „Wald-Wind-Pakt 2050“ einen konkreten Vorschlag in die Debatte eingebracht, wie die Interessen der Waldbauernfamilien, Waldnutzer:innen und der Umwelt vereint werden könnten: „Die Idee ist, auf die entwerteten Flächen, z.B. je 4 Hektar ein mittleres Windrad stellen, um mit den Erlösen das Einkommen der Waldbesitzfamilien und die Aufforstung zu finanzieren. Auch die Gemeinden und deren Bürger:innen würden über die zusätzlichen Steuereinnahmen profitieren.
Natürlich müssen dabei Arten- und Naturschutz genauso beachtet werden, wie die Windhöffigkeit. Die Investitionskosten sollen über einen Landesfond gefördert werden und die Laufzeit ist auf 20 Jahre begrenzt. In dieser Zeit hätte die Natur Zeit, sich zu regenerieren und danach könnten die Windräder wieder zurückgebaut werden.
Dies würde zudem durch die erzeugte erneuerbare Energie dazu beitragen, den CO²-Ausstoß der fossilen Energien zurück zu drängen.“
Hier zeigte sich der Waldbesitzer und bekennende Wind-Fan Nikolaus Hatzfeld einig mit den Ideen des grünen Gondorf: „Es braucht für ein Windrad im Wald- egal was anderswo fälschlich behauptet wird- nur etwa 0,4 ha - das kann der Wald locker verkraften.“
Ulli Gondorf brachte es auf den Punkt: „Wir brauchen zum Klimaschutz aktuell (noch) die Windenergie, sonst hat der Rotmilan gar keinen Wald mehr und daher keine Existenzperspektive!“